Presse Archiv

Frankfurter Allgemeine Zeitung,
Nr. 299, Seite 37,
Freitag, 23. Dezember 2011
Immobilienbrief

Wenn das Gericht zu Hause bleibt

Im kommenden Frühjahr tritt das Mediationsgesetz in Kraft. Es soll Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung fördern. Sollte dies tatsächlich gelingen, könnten die Gerichte in Zukunft entlastet werden. Der eigentliche Nutzen liegt aber eindeutig auf der Seite der Konfliktparteien: Langwierige und kostenaufwendige Gerichtsverfahren, die Ressourcen im Unternehmen binden, werden abgelöst durch das Mediationsverfahren. Dabei streben sie mit Hilfe eines Mediators freiwillig und eigenverantwortlich eine einvernehmliche Lösung an.

Durch die Hinwendung zur Mediation als einem modernen Konfliktlösungsinstrument kann deutlich werden, dass das Bestehen auf Rechtspositionen möglicherweise gar nicht das bessere und erstrebenswertere Ziel ist. Sie gibt nämlich den Konfliktparteien die Chance, den Blick auf Rechtsansprüche zu verlassen und eine andere Perspektive einzunehmen.

Wenn im Mediationsverfahren die wirklichen Interessen der einzelnen Konfliktparteien erörtert werden, tun sich Lösungswege auf, die bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung nicht zur Sprache kommen können, da es dort nur auf das Recht und nicht auf die Interessen ankommt. Können bei einer Konfliktlösung die Interessen beider Seiten berücksichtigt werden, wird deutlich, dass ein Beharren auf einer bloßen Rechtsposition nicht wirklich zielführend und das Mediationsverfahren gegenüber dem gerichtlichen Verfahren vorzuziehen ist.

Der Nutzen der Mediation wird gerade in der Immobilienwirtschaft groß sein. Wenn man die Anzahl der Verträge betrachtet, die notwendig sind, um eine Immobilie zu entwickeln, wird schnell deutlich, dass sich aus jedem Berührungspunkt von Vertragspartnern auch Konfliktpotential ergibt. Konflikte entstehen in der Planung einer Immobilie, der Erstellung, der Nutzung wie auch beim Verkauf. Die denkbaren Sachverhalte sind zum Beispiel Investoren, Projektentwickler, Finanzierer, Kommunen, Nachbarn, Architekten, bauausführende Firmen, Mieter und Verwalter.

Im Laufe von Planungsverfahren bieten sich genügend Möglichkeiten, um drohendes Konfliktpotential durch eine frühzeitige Mediation auszuschalten. Dafür eignet sich etwa die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung im Bauplanungsverfahren. Durch das herbeigeführte Einvernehmen zwischen Gemeinderat, Bürgerschaft und Investor erhalten alle Beteiligten einen Mehrwert. Das Vertrauen in die Politik wächst, wenn der Bürger mit seinen Bedenken ernst genommen wird; Politikverdrossenheit wird durch mehr Partizipation und Transparenz verringert; der Investor bekommt wiederum frühzeitig Planungssicherheit, sein Vorhaben wird von der breiten Bevölkerung getragen und verheißt dadurch wirtschaftlichen Erfolg.

Die Durchführung eines Bauvorhabens ist nicht weniger konfliktträchtig. Die vertragliche Verwobenheit aller am Bau Beteiligten mit ihren gegenseitigen Abhängigkeiten kann bei Differenzen oft nicht wirklich zufriedenstellend vor Gericht gelöst werden, da das Gericht nicht in erster Linie auf die Interessen der Konfliktparteien abstellt und somit die Zukunft von Geschäftsbeziehungen nicht in den Blick nimmt. Schließlich birgt die anschließende Verwaltung des Objekts Konfliktpotential, vor allem im Verhältnis Mieter und Vermieter.

Konflikte innerhalb von immobilienwirtschaftlichen Unternehmen selbst können ebenfalls auf dem Wege der Mediation reduziert werden. Kooperativer Umgang miteinander wirkt vertrauensbildend, stärkt die Motivation der Mitarbeiter, trägt zur persönlichen Zufriedenheit der Führungskräfte bei und fördert schließlich den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens. Im Ergebnis bleibt also festzuhalten, dass die Durchführung eines Mediationsverfahrens als ergänzender Baustein des Wertemanagements von Unternehmen der Immobilienwirtschaft die Notwendigkeit eines Gangs zum Gericht häufig überflüsssig machen wird.

Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtanwältin und Mediatorin
Eversheds Sutherland (Germany) LLP externer link zu eversheds sutherland , Düsseldorf

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