MEDIATION IM KRANKENHAUS
Der andere Weg der Konfliktlösung

Ein Beitrag von:
Dr. Ursula Grooterhorst, Rechtsanwältin und Mediatorin, Eversheds Sutherland (Germany) LLP externer link zu eversheds sutherland , Düsseldorf

Klinik Management aktuell, Ausgabe Oktober/2018, Seite 44-45

Das Wirtschaftsergebnis, das Kliniken erzielen, ist u. a. von einem zentralen Faktor abhängig: nämlich von den Mitarbeitern – und insbesondere von den Führungskräften. Gibt es hier Konflikte, die die Mitarbeiter nicht mehr miteinander sondern gegeneinander arbeiten lassen, hat die Klinik ein Problem.

Aufgrund der vielen Berührungspunkte der Führungskräfte, insbesondere der Chefärzte, untereinander und mit anderen Krankenhausmitarbeitern sowie mit den Patienten entsteht ein weites Feld für Auseinandersetzungen. Konflikte führen jedoch zu Reibungsverlusten, deren Folgen meist viel Energie der Betroffenen absorbiert. Da ist zunächst einmal die persönliche Betroffenheit, die einschränkt; Ärger und starke Emotionen reduzieren die Arbeitskraft. Gegenseitige Einschränkungen hemmen die Entwicklungsmöglichkeiten sowohl der betroffenen Personen als auch der betroffenen Arbeitsbereiche und letztlich des gesamten Krankenhausunternehmens. Sowohl ein für alle sichtbarer Konflikt als auch ein Konflikt, der nur stillschweigend ausgetragen wird, bleibt für das Wirtschaftsergebnis eines Krankenhauses nicht folgenlos, da der gute Ruf und der wirtschaftliche Erfolg des Krankenhauses darunter leiden.

Gerichtsverfahren sind nicht zukunftsorientiert

Nicht selten mündet ein Konflikt in ein Gerichtsverfahren, das mitunter Jahre dauern kann. Ein Gerichtsprozess nimmt nicht nur Zeit in Anspruch, er bindet Ressourcen bei den Konfliktbeteiligten, er ist kostenintensiv. Das Prozessrisiko ist nicht zu unterschätzen, und selbst ein Vergleich am Ende eines Prozesses ist häufig unbefriedigend. Ein Gerichtsurteil umfasst oft nicht den ganzen Streit, sodass es meist keine Befriedung des Konflikts herbeiführt. Ein Gerichtsverfahren stellt allenfalls für den Gewinner des Rechtsstreits, nicht aber für beide Parteien eine zukunftsorientierte Lösung dar. An eine weitere erfolgreiche Zusammenarbeit ist nach einem Gerichtsurteil oftmals nicht mehr zu denken.

Ziel der Mediation: Win-Win-Situation

Auseinandersetzungen können für alle Beteiligten verträglicher werden, wenn schon lange vor der Eskalation eines Konfliktes die Mediation angewendet wird, um widersprüchliche Interessen in Einklang zu bringen. Aber auch wenn dieser Zeitpunkt verpasst wurde, ist die Mediation dennoch dem Rechtsstreit vorzuziehen, da es nicht um eine radikale kontradiktorische Konfrontation zwischen den Parteien geht, sondern darum, für beide Parteien unter Einhaltung des Prinzips der Vertraulichkeit ein zufriedenstellendes Ergebnis zu erzielen: eine Win-Win-Situation, die zukunftsfähig ist.

Durch die Mediation können immense Konfliktkosten reduziert werden.
Zudem hat die Mediation den Vorteil, dass es keinen Verlierer gibt.

Ein Einvernehmen kann nur dann erzielt werden, wenn beide Parteien bereit sind, die vom Gegenüber ausgelösten negativen Emotionen zurückzustellen, um den Horizont zu öffnen und eine neue Perspektive einnehmen zu können. Es muss eine Bereitschaft zu konstruktivem Dialog und zu kooperativem Handeln vorliegen. Oft haben die Parteien schon selbst Verschiedenes (erfolglos) probiert, um den Konflikt zu lösen. Unterstützung können sie nunmehr durch den Mediator als einem neutralen unabhängigen Dritten finden. Der Mediator achtet darauf, dass die Struktur des Prozesses eingehalten wird (s. Kasten). Er ist der Katalysator für Befürchtungen und Ängste; seine Aufgabe ist es, gegenseitiges Misstrauen umzuwandeln.

Vorteile der Mediation für das Krankenhaus als Arbeitgeber

Durch die Mediation können immense Konfliktkosten reduziert werden, die sich beispielsweise aus der Fluktuation von Mitarbeitern, aus einem hohen Krankenstand, aus einer frustrierten Haltung des „Dienstes nach Vorschrift“, aus Mitarbeiterabfindungen oder aus Gerichtskosten ergeben können. Neben den eingesparten Konfliktkosten und dem reduzierten Zeitaufwand bis zur Konfliktlösung bietet die Mediation den Vorteil, dass es keinen Gewinner und keinen Verlierer gibt. Die Konfliktparteien stärken ihre Eigenverantwortlichkeit. Eine darauf basierende Lösung wird befriedend und, weil die vertragliche Beziehung aufrechterhalten werden kann, auf Dauer haltbar sein.

In jedem Fall sollte, sobald ein Konflikt zwischen Führungskräften festgestellt wird und bevor die Zusammenarbeit abgebrochen oder ein Gerichtsverfahren erwogen wird, geprüft werden, ob nicht die Mediation geeignet ist, um zum Ziel zu kommen. Dabei stehen sich einerseits das Klageverfahren mit den Unwägbarkeiten der Rechtslage, der Beweisbarkeit des Anspruchs und der Durchsetzbarkeit des Anspruchs und andererseits die Vorteile der Mediation gegenüber, die insbesondere Kommunikation in Unternehmen wiederherstellt und dadurch eine zukünftige gute Zusammenarbeit sicherstellen kann. Mediation ist somit ein Baustein für den Erfolg eines Krankenhausunternehmens, der insbesondere bei Konflikten Anwendung finden sollte, in die Chefärzte involviert sind. Dadurch werden innerbetriebliche Konflikte reduziert, das Arbeitsklima wird verbessert, Mobbing und Burnout werden vermieden, der Leistungswille im Sinne eines Mitunternehmergeistes wird gesteigert mit der Folge, dass der wirtschaftliche Erfolg eines Krankenhausunternehmens zunimmt. Im Verhältnis zu Patienten und deren Angehörigen werden durch eine Mediation langjährige Prozesse vermieden.

Die 5 Stufen des Mediationsverfahrens

1. Stufe:
Der Mediator und die Medianten sichern sich für die gesamte Dauer des Verfahrens Vertraulichkeit zu. Danach erarbeiten die Mediationsparteien mithilfe des Mediators das Mediationsziel. Wenn dieses vom Arbeitgeber vorgegeben wird, kann eine Mediation nur dann stattfinden, wenn die Medianten sich damit einverstanden erklären. Es gilt das Prinzip der Freiwilligkeit der Mediation. Das Mediationsziel dient dazu, dass die Parteien sich während des gesamten Prozesses daran ausrichten können und sich in der Diskussion weder in Anfeindungen noch in unsachlichen Argumenten verlieren.

2. Stufe:
Der Mediator unterstützt die Medianten bei der Aufbereitung der Konfliktlandschaft. Hierbei ist es ratsam, Einzelgespräche mit den Medianten zu führen, in denen sie nicht sofort mit dem anderen konfrontiert werden. Sie haben dadurch die Chance, den Konflikt in Ruhe zu beleuchten, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen und geraten nicht gleich in einen Rechtfertigungszwang. Die Vergangenheit tritt noch einmal deutlich vor Augen, es klärt sich die Motivation für das eigene Handeln. Danach wird alles in eine Struktur gebracht, indem die Konfliktparteien einzeln mithilfe des Mediators den Konflikt thematisch ordnen. Es werden Themen gebildet, die den Konflikt bestimmen, und für jeden Medianten wird eine Themenliste erstellt. Erst im ersten gemeinsamen Gespräch mit beiden Medianten werden die Themen zusammengeführt.

3. Stufe:
Die Medianten arbeiten die Themenliste gemeinsam mithilfe des Mediators ab. Die Themen werden nacheinander behandelt und nicht miteinander vermischt. Die Medianten müssen sich gegenseitig zuhören und die Bereitschaft mitbringen, das Gesagte nachvollziehen und verstehen zu wollen. Es werden die Interessen geklärt, die mit dem einzelnen Thema verbunden sind, und die sich dahinter verbergenden Bedürfnisse werden aufgedeckt. Emotionen und Motivationen werden mitgeteilt. Das bedeutet, dass jeder die Möglichkeit erhält, bei der Gegenseite Verständnis zu wecken und in seiner Position ernst genommen zu werden. Es treten Übereinstimmungen sowie Abweichungen zutage. Die gegenseitige Akzeptanz wächst; die Emotionen beruhigen sich.

4. Stufe:
In einer kreativen Phase entwickeln die Medianten Ideen und verhandeln Lösungsoptionen. Oftmals geben zwischenmenschliche Aspekte, die in einer Mediation zur Sprache kommen, den entscheidenden Impuls zu einer Konfliktlösung.

5. Stufe:
Erst nachdem alle Themen nacheinander abgearbeitet worden sind, erfolgt am Ende die Formulierung einer Mediationsvereinbarung.

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